Sonntag, 16. Oktober 2016
In der Saarbrücker Zeitung las ich eine Notiz über eine pflanzenkundliche Wanderung mit dem Naturwacht-Ranger Michael Keßler ab 14 Uhr, Treffpunkt auf dem Parkplatz des Hartungshofs bei Bliesransbach.
Vom Hartungshof hatte ich zuvor noch nie gehört, es ist ein sehr großes Gehöft, auf Fotos habe ich verzichtet, der Hof ist doch sehr modern gestaltet und außer landwirtschaftlichen Geräten gibt es halt viele Stallungen mit Pferden zu sehen, die auch kein so wirklich schönes Motiv bildeten.
Der Eigentümer vom Hof hielt auf dem Parkplatz vor der recht großen Anzahl von ebenfalls Interessierten (eigentlich hatte man mit 30 Personen gerechnet, es waren jedoch mindestens doppelt so viele) zunächst einen Vortrag über die Geschichte des Hofs im Laufe der Jahrhunderte sowie über die jetzige Bewirtschaftungsform.
Dann stellte sich der Ranger Herr Keßler vor und beschrieb uns kurz, dass die Strecke maximal 3 Kilometer betragen wird, da wir sehr viel stehenbleiben und schauen und zuhören werden.
Ich wusste das schon, weil ich in meiner Mail nach der Streckenlänge gefragt hatte.
Er hatte auch gleich ein Büschel Anschauungsmaterial zur Hand, wie er überhaupt auf der ganzen Wegstrecke - ohne einen Rucksack oder eine Tasche dabeizuhaben! - immer wieder Dinge hervorzauberte und sie der staunenden Menge präsentierte ;-)
(Herr Keßler hat übrigens sein Einverständnis zur Veröffentlichung der Fotos gegeben, andere Personen habe ich unkenntlich gemacht)
Überhaupt hat er es mit Witz, Humor und großem Sachverstand geschafft, sein Publikum immer wieder aufs Neue zu fesseln und zu überraschen.
Es ging dann zunächst eine Anhöhe hinauf, vorbei an sogenannten wärmeliebenden Gebüschen. Oben angekommen wies er uns darauf hin, dass man von hier aus einen Blick bis zu den Vogesen im Nachbarland Frankreich hatte, der Tag war aber auch wirklich ideal für Oktober, sonnig, warm bis 20 Grad, blauer Himmel.
Das mitgenommene und dann an die Umstehenden verteilte Anschauungsmaterial waren unter anderem Schledorn, Liguster, Hagebutten, Hartriegel, Pfaffenhütchen und Weißdorn.
Ich bereute schnell, dass ich kein Notizblöckchen dabei hatte und machte nur schnell in meinem Handy ein paar rudimentäre Notizen.
Dort wo wir hielten stand auch diese Gedenktafel, die an einen Mord an einem Förster (Jäger?) durch einen Wilderer im Jahr 1932 erinnerte. Der Ermorderte hieß per Zufall genauso wie unser Ranger, nämlich Kessler!
An einer späteren Station fragte dann ein Mitwanderer, ob denn bekannt sei, ob der Mörder jemals gefasst worden war, aber darüber ist nichts bekannt.
Seltsam zu denken, dass in der Gegend ringsum vielleicht die Nachfahren des damaligen Täters leben...
Direkt an dieser Erinnerungstafel führte ein schmaler Pfad ins Dunkel des Waldes, die Temperatur ging gleich um einige Grade zurück.
Wir marschierten eine kleine Strecke und blieben dann unter Bäumen stehen, eine Frau bekam ein Zählgerät, weil wir feststellen wollten, wieviel verschiedene Baumarten wir wohl auf diesem kurzen Gang antreffen würden - ich setze das Ergebnis schon mal vor: es waren immerhin 19!
Wir lernten nun viel über Baumarten und Waldwirtschaft, über Astigkeit und Baumkronen, die Platz benötigen, leider wie gesagt hatte ich nichts zum Notieren dabei, in Erinnerung blieb mir aber vor allem dieses:
wir standen neben einer Buche, Herr Keßler wies uns auf die schmalen Querlinien hin, die sich in fast regelmäßigen Abständen quer über den Stamm zogen, aber in einer Höhe von einigen Meter plötzlich nicht mehr waagerecht waren, sondern sich an den seitlichen Ende nach unten zogen und so an einen Chinesenbart erinnerten, das hatte ich zuvor noch nie gehört und es war mir auch noch nie aufgefallen!
Diese Linien zeigen, dass hier früher Äste am Stamm saßen und je höher der Baum wächst, desto stärker ziehen sich die "Bartenden" nach unten.
An einer weiteren Station gab es dann "Blätterkunde" und weitere Waldinformationen, die ich leider nicht mehr mitteilenswert zusammenbekomme.
Von hier aus brachen wir förmlich durchs Gebüsch auf einen Trampelpfad mitten hinein in die Wildnis sozusagen, und machten dann wieder Halt an dieser Fichte, die sozusagen dem Tode geweiht ist, da der Boden hier für sie nicht ideal ist, sie hat eine Krankheit namens Rotfäule, man sieht es deutlich am Fuß, und um sich zu stützen hat sie dort eine Verdickung gebildet, einen sogenannten Flaschenhals, dieser erinnert an die Verdickung am Ende einer Glasflasche-
Zudem haben sich hier auch noch Wildschweine zu schaffen gemacht und sich gerieben, Herr Keßler hatte dann auch noch Wildschweinanschauungsmaterial für uns parat, auch das zauberte er plötzlich von irgendwoher ;-)
(seine Hose hat allerdings auch einige aufgesetzte Taschen...)
Und warum hab ich kein Foto gemacht von dem, was er uns anschließend noch zeigte und durch die Reihen gehen ließ? Ich weiß es nicht, vielleicht weil ich so berührt war....
Auch hier hatte der 2. Weltkrieg intensiv getobt und das Gebiet war stark beschossen worden, Grenznähe halt, und in den Bäumen, also in den Stämmen, findet man nach wie vor Granatsplitter und sonstige Munitionsbestandteile, ich fand das erschütternd, nicht deswegen, weil es die Bäume als Verkaufsobjekte praktisch unbrauchbar macht, sondern wegen der Idiotie des Menschen und all dem Leid, dass durch solche Metallgegenstände entstand und leider auch bis zum heutigen Tag noch entsteht.
Die jungen Männer, die diesen Krieg führten/führen mussten, waren sicher im Alter meiner drei Söhne (19 bis 30), und so etwas trifft mich immer ins Mark.
Aber weiter mit erfreulicheren Themen: uns allen sind sicher schon öfter die Markierungen an Bäumen aufgefallen, für Nichtwissende immer ein Rätsel, das nun zumindest zum Teil seine Auflösung fand.
Hier stehen wir an einem B-markierten Baum, Herr Keßler ließ uns erst mal raten, wofür dieser Buchstabe steht, die Ideen waren von "Baum" bis zu "Buche" zwar kreativ :-) aber dennoch nicht richtig:
das B steht für Biotopbaum und zeigt den Holzfällern, dass dieser Baum nicht geschlagen werden darf, weil er in irgendeiner Weise ein Biotop darstellt, hier in diesem Fall vermutete Herr Keßler, dass er eine Spechthöhle enthält.
Und hier gleich ein weiterer B-Baum, der höhlenbewohnenden Tieren Platz bietet und sich dekorativ mit einem roten Pilz ziert:
Und das hier ist nun ein Z-Baum, kein Zombiebaum, sondern ein Zukunftsbaum, einer, der vom forstwirtschaftlichen Gesichtspunkt Großes erwarten lässt und dem darum besondere Aufmerksamkeit zukommt, den man rundum "freistellt", damit er Platz und Licht hat um weiter zu wachsen und ungehindert Kronen- und Stammwachstum ausbilden kann. Außerdem beachtet man hier auch die gewünschte Baumvielfalt in einem Waldgebiet, es sollen ja nicht nur wenige Baumarten wachsen.
(Er ist zu groß, um ihn ganz aufs Bild zu bekommen)
Und dann öffnete sich wie ein Tor dieser Blick, als wir auf den Waldrand zutraten und hinaus in die Sonne und die freie Landschaft des Bliesgaus mit sehr weitem Blick traten
Auf jeden Fall war das nicht meine letzte naturkundliche Wanderung! Einen großen Dank an Herrn Keßler für einen lehrreichen, fröhlichen und stimmungsvollen Nachmittag im schönen Bliesgau!
In der Saarbrücker Zeitung las ich eine Notiz über eine pflanzenkundliche Wanderung mit dem Naturwacht-Ranger Michael Keßler ab 14 Uhr, Treffpunkt auf dem Parkplatz des Hartungshofs bei Bliesransbach.
Vom Hartungshof hatte ich zuvor noch nie gehört, es ist ein sehr großes Gehöft, auf Fotos habe ich verzichtet, der Hof ist doch sehr modern gestaltet und außer landwirtschaftlichen Geräten gibt es halt viele Stallungen mit Pferden zu sehen, die auch kein so wirklich schönes Motiv bildeten.
Der Eigentümer vom Hof hielt auf dem Parkplatz vor der recht großen Anzahl von ebenfalls Interessierten (eigentlich hatte man mit 30 Personen gerechnet, es waren jedoch mindestens doppelt so viele) zunächst einen Vortrag über die Geschichte des Hofs im Laufe der Jahrhunderte sowie über die jetzige Bewirtschaftungsform.
Dann stellte sich der Ranger Herr Keßler vor und beschrieb uns kurz, dass die Strecke maximal 3 Kilometer betragen wird, da wir sehr viel stehenbleiben und schauen und zuhören werden.
Ich wusste das schon, weil ich in meiner Mail nach der Streckenlänge gefragt hatte.
Er hatte auch gleich ein Büschel Anschauungsmaterial zur Hand, wie er überhaupt auf der ganzen Wegstrecke - ohne einen Rucksack oder eine Tasche dabeizuhaben! - immer wieder Dinge hervorzauberte und sie der staunenden Menge präsentierte ;-)
(Herr Keßler hat übrigens sein Einverständnis zur Veröffentlichung der Fotos gegeben, andere Personen habe ich unkenntlich gemacht)
Überhaupt hat er es mit Witz, Humor und großem Sachverstand geschafft, sein Publikum immer wieder aufs Neue zu fesseln und zu überraschen.
Es ging dann zunächst eine Anhöhe hinauf, vorbei an sogenannten wärmeliebenden Gebüschen. Oben angekommen wies er uns darauf hin, dass man von hier aus einen Blick bis zu den Vogesen im Nachbarland Frankreich hatte, der Tag war aber auch wirklich ideal für Oktober, sonnig, warm bis 20 Grad, blauer Himmel.
Das mitgenommene und dann an die Umstehenden verteilte Anschauungsmaterial waren unter anderem Schledorn, Liguster, Hagebutten, Hartriegel, Pfaffenhütchen und Weißdorn.
Ich bereute schnell, dass ich kein Notizblöckchen dabei hatte und machte nur schnell in meinem Handy ein paar rudimentäre Notizen.
Dort wo wir hielten stand auch diese Gedenktafel, die an einen Mord an einem Förster (Jäger?) durch einen Wilderer im Jahr 1932 erinnerte. Der Ermorderte hieß per Zufall genauso wie unser Ranger, nämlich Kessler!
An einer späteren Station fragte dann ein Mitwanderer, ob denn bekannt sei, ob der Mörder jemals gefasst worden war, aber darüber ist nichts bekannt.
Seltsam zu denken, dass in der Gegend ringsum vielleicht die Nachfahren des damaligen Täters leben...
Direkt an dieser Erinnerungstafel führte ein schmaler Pfad ins Dunkel des Waldes, die Temperatur ging gleich um einige Grade zurück.
Wir marschierten eine kleine Strecke und blieben dann unter Bäumen stehen, eine Frau bekam ein Zählgerät, weil wir feststellen wollten, wieviel verschiedene Baumarten wir wohl auf diesem kurzen Gang antreffen würden - ich setze das Ergebnis schon mal vor: es waren immerhin 19!
Wir lernten nun viel über Baumarten und Waldwirtschaft, über Astigkeit und Baumkronen, die Platz benötigen, leider wie gesagt hatte ich nichts zum Notieren dabei, in Erinnerung blieb mir aber vor allem dieses:
wir standen neben einer Buche, Herr Keßler wies uns auf die schmalen Querlinien hin, die sich in fast regelmäßigen Abständen quer über den Stamm zogen, aber in einer Höhe von einigen Meter plötzlich nicht mehr waagerecht waren, sondern sich an den seitlichen Ende nach unten zogen und so an einen Chinesenbart erinnerten, das hatte ich zuvor noch nie gehört und es war mir auch noch nie aufgefallen!
Diese Linien zeigen, dass hier früher Äste am Stamm saßen und je höher der Baum wächst, desto stärker ziehen sich die "Bartenden" nach unten.
An einer weiteren Station gab es dann "Blätterkunde" und weitere Waldinformationen, die ich leider nicht mehr mitteilenswert zusammenbekomme.
Von hier aus brachen wir förmlich durchs Gebüsch auf einen Trampelpfad mitten hinein in die Wildnis sozusagen, und machten dann wieder Halt an dieser Fichte, die sozusagen dem Tode geweiht ist, da der Boden hier für sie nicht ideal ist, sie hat eine Krankheit namens Rotfäule, man sieht es deutlich am Fuß, und um sich zu stützen hat sie dort eine Verdickung gebildet, einen sogenannten Flaschenhals, dieser erinnert an die Verdickung am Ende einer Glasflasche-
Zudem haben sich hier auch noch Wildschweine zu schaffen gemacht und sich gerieben, Herr Keßler hatte dann auch noch Wildschweinanschauungsmaterial für uns parat, auch das zauberte er plötzlich von irgendwoher ;-)
(seine Hose hat allerdings auch einige aufgesetzte Taschen...)
Und warum hab ich kein Foto gemacht von dem, was er uns anschließend noch zeigte und durch die Reihen gehen ließ? Ich weiß es nicht, vielleicht weil ich so berührt war....
Auch hier hatte der 2. Weltkrieg intensiv getobt und das Gebiet war stark beschossen worden, Grenznähe halt, und in den Bäumen, also in den Stämmen, findet man nach wie vor Granatsplitter und sonstige Munitionsbestandteile, ich fand das erschütternd, nicht deswegen, weil es die Bäume als Verkaufsobjekte praktisch unbrauchbar macht, sondern wegen der Idiotie des Menschen und all dem Leid, dass durch solche Metallgegenstände entstand und leider auch bis zum heutigen Tag noch entsteht.
Die jungen Männer, die diesen Krieg führten/führen mussten, waren sicher im Alter meiner drei Söhne (19 bis 30), und so etwas trifft mich immer ins Mark.
Aber weiter mit erfreulicheren Themen: uns allen sind sicher schon öfter die Markierungen an Bäumen aufgefallen, für Nichtwissende immer ein Rätsel, das nun zumindest zum Teil seine Auflösung fand.
Hier stehen wir an einem B-markierten Baum, Herr Keßler ließ uns erst mal raten, wofür dieser Buchstabe steht, die Ideen waren von "Baum" bis zu "Buche" zwar kreativ :-) aber dennoch nicht richtig:
das B steht für Biotopbaum und zeigt den Holzfällern, dass dieser Baum nicht geschlagen werden darf, weil er in irgendeiner Weise ein Biotop darstellt, hier in diesem Fall vermutete Herr Keßler, dass er eine Spechthöhle enthält.
Und hier gleich ein weiterer B-Baum, der höhlenbewohnenden Tieren Platz bietet und sich dekorativ mit einem roten Pilz ziert:
Und das hier ist nun ein Z-Baum, kein Zombiebaum, sondern ein Zukunftsbaum, einer, der vom forstwirtschaftlichen Gesichtspunkt Großes erwarten lässt und dem darum besondere Aufmerksamkeit zukommt, den man rundum "freistellt", damit er Platz und Licht hat um weiter zu wachsen und ungehindert Kronen- und Stammwachstum ausbilden kann. Außerdem beachtet man hier auch die gewünschte Baumvielfalt in einem Waldgebiet, es sollen ja nicht nur wenige Baumarten wachsen.
(Er ist zu groß, um ihn ganz aufs Bild zu bekommen)
Und dann öffnete sich wie ein Tor dieser Blick, als wir auf den Waldrand zutraten und hinaus in die Sonne und die freie Landschaft des Bliesgaus mit sehr weitem Blick traten
Auf jeden Fall war das nicht meine letzte naturkundliche Wanderung! Einen großen Dank an Herrn Keßler für einen lehrreichen, fröhlichen und stimmungsvollen Nachmittag im schönen Bliesgau!