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Channel: Frau K. wandert im Saarland
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"In der Wohnung eines Tatort-Kommissars" - Führung mit GoG

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Samstag, 5. Mai 2018:

Seit Monaten wollte ich mich beim Verein Geographie ohne Grenzen als Mitglied anmelden, weil da wirklich sehr interessante Führungen und Fahrten angeboten werden, vor kurzem hatte ich das in einer Urlaubswoche endlich geschafft und heute, am 5.5.2018, zum ersten Mal an einer Führung teilgenommen.

Titel der Führung: "Tatort Mügelsberg"

Vorweg: ich schau keine Krimis, niemals, den letzten Tatort hab ich vielleicht - mh - Ende der 70er Jahre geschaut...aber die "Wohnung" von diesem Kommissar Stellbrink vom geschmähten (weil offenbar überwiegend auch miserablen) Saarbrücker "Tatort" mit ihrem geilen 360-Grad-Rundumblick über die Stadt, die wollte ich dann doch unbedingt auch mal sehen!

So sah das im Film aus (abfotografiert aus der Mappe des Lehrers, der die Führung machte):



Die schwarzen Schläuche, die da von der Decke hängen, waren wohl Bettvorhänge, vermute ich mal...


Seine Küche:




Saarbrücken ist ja umgeben von Hügeln, die aber fast alle "Berg" genannt werden 😉😉😉, als da wären Winterberg, Sonnenberg, Kaninchenberg, Reppersberg, Eschberg, Halberg, sowie die nicht-berg-genannte Bellevue, die Spicherer Höhen etc., alle so 2-300 Meter hoch - es gibt noch mehr, aber sie fallen mir nicht ein (in den 60er Jahren, als bei uns zuhause noch viel Radio gehört wurde, gab es mal einen Beitrag über Saarbrücken im Vergleich zu Rom, Rom auf 7 Hügeln gebaut, aber Saarbrücken, haha, steht ja auf sehr viel mehr Hügeln, jawoll!)

Und dann ist da auch der kleine Mügelsberg, auf dem sich fast spinnenartig eine riesige Schule aus den 50er Jahren ausbreitet (eigentlich sind es 2 Schulen, die wiederum viele Unterabteilungen haben), auch ich habe mich als Mutter wie so viele andere hier schon einmal schwer verlaufen auf der Suche nach dem zuständigen Sekretariat, von links nach rechts erstreckt sich die Schule über eine Strecke von 200 Metern! Damals dachte ich spontan an Kafka - es gab noch keine wirklichen Hinweisschilder...



Ganz ehrlich? Bisher kam das Ding mir immer eher hässlich vor, wie fast alle 50er-Jahre-Bauten, ich wusste auch nicht, dass es unter Denkmalschutz steht - seltsames Gefühl, dass ein Gebäude, das dazu noch geringfügig jünger ist als ich selbst, schon unter Denkmalschutz steht - schade, dass man mich selber nicht auch...naja, egal 😎

Ich hatte offen gestanden von der Führung nicht viel erwartet, was sollte es da schon zu sehen geben in diesem "modernen" Klotz, scharf war ich nur auf die Aussicht aus der Tatort-Kommissar-Wohnung...  - zumal absolutes Prachtwetter war.

Ich wurde aber überrascht - hinter diesem Gebäude steckt mehr, als man vermutet! 

Von der untersten Etage aus - quasi neben der Aula, die wir aus Zeitgründen nicht besichtigten, es hat eh schon 2,5 Stunden gedauert - steigt die Schule bis auf 50 Meter Höhe den Hang hinauf, und ganz oben thront diese "Wohnung", zu Beginn der Führung konnte man sie schon erspähen, sie hockt ganz oben auf dem Dach, dieses kleine "Glashäuschen":


Wir gingen seitlich um den Komplex herum, der vor allem zwei Stilmerkmale aufweist:

1. alles ist auf das Maß von 3,20 Metern ausgelegt, das taucht immer und überall konsequent wieder auf

2. und die "Käselöcher" - diese sind sogar am Nebengebäude der ehemaligen Hausmeisterwohnung an den Balkonen erhalten geblieben (und diese Käselöcher sollten mich später noch sehr überraschen und begeistern, aber dazu weiter unten dann mehr):




Eigentlich liegt die Schule fast idyllisch, da sie direkt neben dem kleinen Echelmeyerpark liegt, der auf seiner anderen Seite von der mächtigen Kirche St. Michael flankiert wird (dazu gibt es noch eine eigene Führung "Fast ein Dom", die mache ich auch irgendwann mal mit)

Auch von dieser Seite sieht man die Kommissarwohnung obendrauf hocken



Der Park ist jetzt, wo die warmen Tage die Natur förmlich explodieren ließen nach all diesen graubraunen Monaten, wo man sich nach Grün sehnte, besonders hübsch, ein Slackliner übt, Leute sitzen auf dem Rasen und den Mäuerchen



Der Park hat aber auch sehr traurige Zeiten hinter sich, vernachlässigt und öde war er und Schauplatz von Kriminalität (Vergewaltigung, Drogenmilieu, Spritzen im Sandkasten usw. usw.) und Herr Vogel-Latz berichtet uns auch von einem Vorfall, in dem es um Diebstahl, einen Drogensüchtigen und den Direktor der Schule ging, aber ich will hier nichts verraten, das gehört in den Vortrag und dem soll hier nicht vorgegriffen werden, aber dieser Park und auch die Schule selbst wurde häufiger zum Tatort, man hat Anfang der 2000er das Drogenhilfezentrum direkt um die Ecke hier angelegt....mit bis zu 1000 drogenabhängigen Besuchern pro Tag..)



Und hier vor dem Haupteingang sieht man jetzt gleich auf einen Blick die oben schon erwähnten beiden Haupt-Stilelemente, das 3,20-m-Maß und die Löcher - alle Fensteröffnungen, alle Pfeiler in den Fluren, alles ist exakt diesem 3,20-m-Maß unterworfen - und die Löcher tauchen auch immer wieder auf - von dieser Seite aus betrachtet sind sie allerdings eher unscheinbar, aber wartet mal ab....




Wäre ich nicht darauf hingewiesen worden, würde mir so etwas nicht auffallen: alle Feuerlöscher im Gebäude sind aufwändig in der ebenfalls aufwändigen durchgängig auftauchenden schmalgratigen Holzvertäfelung in runder Form untergebracht - so eine Friemelarbeit dürfte heute kein Architekt mehr in seine Entwürfe einbauen, da käme sofort ein Controller und würde diese kostenintensive Arbeit unterbinden - aber damals konnte man offenbar noch klotzen


Und hier musste der Denkmalschutz der Sicherheit weichen: die Geländer in den Treppenhäusern waren für die heutige Personengröße viel zu niedrig, man hat also - wenigstens dem Stil folgend - zwei zusätzliche Reihen oben aufgebracht

und schaut mal diese Pflanze: sie wächst wie im Märchen "Hans und die Bohnenranke" fast in den Himmel, nämlich über alle 4 oder 5 (da bin ich nicht mehr sicher) Etagen bis ganz nach oben:





Es gibt hier extra einen Gärtner, der sich um die ganzen wirklich schönen Pflanzen und Bäume in und ums Gebäude kümmert, und das sieht man auch! Alles ist sehr gepflegt, und vielleicht trägt auch das dazu bei, dass es hier kaum Gewaltprobleme oder ähnliches wie von anderen Schulen gemeldet gibt (das kann ich nur bestätigen, aus 4 Jahren Schulzeit von einem meiner Jungs hier war nur von 1 Vorfall zu berichten)


die Säulen: alle 3,20 Meter...


die Fensterreihen: alle 3,20 Meter, ein Gebäudeteil quer über den Innenhof betrachtet


Ein Blauglockenbaum! 



Und nun nähern wir uns den beiden Höhenpunkten der Führung: das Käselöchertreppenhaus, das auch gleichzeitig der Aufstieg zur Kommissarwohnung und dem Ausblick ist:




Und da sind sie von innen, die Löcher, und hauen einen um - so eine Farbenpracht! Über die gesamte Gebäudehöhe leuchtet es in allen Farben - und auf jeder Etage ein anderer Anblick, ebenfalls schön die geschwungenen Balustraden der einzelnen Etagen, man muss selbst da stehen und es sich anschauen, es hat was Überwältigendes







Die Decke in diesem Treppenhaus ist auch durchlöchert


Und hier dachte ich spontan an die Tardis von Dr. Who, auch wenn dies hier rund ist und nicht eckig, es ist der Aufgang aufs Dach - die Teilnehmer stellen die Frage, wie das Fernsehteam denn überhaupt auf die Idee kam, dieses Dachhäuschen für den Tatort herzunehmen, und der Grund ist, dass hier früher Radiotechniker ausgebildet wurden, dadurch gab es Kontakte zum Saarländischen Rundfunk, und so weiter und so weiter, aber nun steigen wir gespannt mal hier hinauf




Und dann treiben wir uns fasziniert fast eine halbe Stunde (so kommt es mir zumindest vor) auf diesem Dach herum und schauen - die "Wohnung ist nicht mehr eingerichtet, das TV-Team hat alles mitgenommen - es sind zwei Gebäudeteile und dazwischen eine Art offene Terrasse - und man hat wirklich einen 360-Grad-Rundumblick auf die Stadt und die umgebenden Hügel;

hier müsste man wohnen können! Nur nicht bei Gewitter...aber es gibt kein Wasser, keine sanitären Anlagen...die Räume dienten früher zum Experimentieren mit Antennen u.ä. - ein Teil davon steht noch


übrigens kann ich von hier oben aus schön die Strecke nachverfolgen, die ich auf dem "Saarbrücker Stadtrundweg (47 km)" letztes Jahr in mehreren Teilstücken gelaufen bin, in der Mitte von diesem Foto sieht man die Johannisbrücke, unter der ich über die Fußgängerbrücke und die riesigen Gleisanlagen lief, etc.pp.








ich bin froh und stolz, dass ich den Großteil meiner früheren Höhenangst überwunden habe, sonst wäre mir das Rundumgehen um diese beiden Glasbauten durch diese superschmalen Kolonnaden schwer gefallen - heute genieße ich es nur!

(natürlich auch hier: Abstände 3,20 Meter...es verfolgt einen 😎)




Dieser Rundgang war es so was von wert und bot sehr viel mehr, als ich ursprünglich erwartet hatte, ein fetter Dank an Herrn Vogel-Latz für die humorvolle und informative Führung!

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